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Untergang und Perspektive

Wenn ich Zeitung lese oder Tagesschau sehe brauche ich nicht viel Phantasie, um eine Verbindung zu diesem Sonntagsevangelium zu finden: Kriege und Unruhen, Terror und Attentate, Seuchen und Hungersnöte, Erdbeben, Vertreibung und Verfolgung, auch um des Namens Jesu willen. Das passiert tagtäglich, immer wieder und immer wieder neu. Für die Menschen, die betroffen sind, ist es jedes Mal ein Weltuntergang.

Als Lukas sein Evangelium schrieb, war die Zerstörung Jerusalems und des Tempels im Jahre 70 n. Chr. bereits Geschichte. Er hatte die Gräuel und das Leid der Menschen wohl noch vor Augen. Es muss für die Juden wie ein Weltuntergang gewesen sein. Alles, was ihnen wertvoll war, was ihre Identität ausmachte, war zerstört, das Volk in alle Welt zerstreut. Lukas verlegt diese erlebten Ereignisse in die Zukunft und bringt sie mit dem Kommen des Herrn in Verbindung - vorausahnend, dass zu allen Zeiten schlimme Dinge passieren werden. Wenn heute Flüchtlinge, die zu uns gekommen sind, ihre Fluchtgeschichten erzählen, können wir solches hautnah nachempfinden.

Es gibt auch die persönlichen "Weltuntergänge", persönliche und familiäre Katastrophen, die uns den Boden unter den Füßen wegziehen. Was bedeuten dann die Worte Jesu "Und doch wird euch kein Haar gekrümmt werden" und "Wenn ihr standhaft bleibt, werdet ihr das Leben gewinnen"? Können wir solche Erfahrungen als "Kommen des Herrn" in unser persönliches Leben verstehen? Es ist seine Zusage, dass ER gerade in solchen Zeiten bei uns ist, dass wir in seiner Hand zärtlich geborgen sind - bis auf das letzte Haar. Und damit verbunden ist die Einladung, im Vertrauen standhaft zu bleiben und die Hoffnung nicht aufzugeben auf den Herrn der Geschichte und meines persönlichen Lebens. Das bedeutet auch, dass wir eine Perspektive über dieses Leben hinaus haben. Wir kennen den oft so leichthin gesagten Spruch "Ende gut, alles gut" und jemand hat ihn so ergänzt: ".... und wenn es noch nicht gut ist, ist es noch nicht das Ende." Das Ende wird ein neuer Anfang sein, ein neuer Himmel und eine neue Erde.

 

Sr. Paula Bickel MC

 

33. Sonntag im Jahreskreis / Lukas 21, 5-19

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